Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Ausgestaltung der von Amazon verwendeten Garantieregelungen zu befassen und die Rechte von Händlern gestärkt - BGH VIII ZR 18/19 Urteil vom 01.04.2020.
Der Beklagte bestellte beim klagenden Händler über den Amazon Marketplace einen Kaminofen zum Preis von 1.316,00 EUR. Der Kläger lieferte und installierte den Kamin und dieser wurde durch den zuständigen Schornsteinfeger auch abgenommen. Amazon zog den Kaufpreis vom Konto des Beklagten ein und schrieb diesen dem Händlerkonto gut. Durch die Teilnahme am Amazon Marketplace stimmten beide Vertragsparteien den Amazon Garantiebedingungen "Amazon.de A-bis-Z-Garantie" zu.
In den hier maßgeblichen Garantiebedingungen hieß es unter der Überschrift "Voraussetzungen für die Beantragung der Amazon.de A-bis-z-Garantie" unter anderem:
"Wenn Sie bei Amazon.de eine Bestellung bei Marketplace-Verkäufern aufgeben, garantieren wir für Zustand, rechtzeitige Lieferung des Artikels sowie Erstattung in bestimmten Fällen mit der A-bis-z-Garantie. Alle nachfolgenden Voraussetzungen müssen für die Inanspruchnahme der A-bis-z-Garantie erfüllt sein:
1.Sie haben Ihren Marketplace-Verkäufer bereits über Mein Konto kontaktiert.
2.Sie haben 2 Werktage auf eine Antwort gewartet.
3.Sie geben den A-bis-z-Garantieantrag binnen 90 Tagen nach dem letztmöglichen voraussichtlichen Lieferdatum auf.
4.Es trifft mindestens einer der folgenden Fälle zu
o [...]
o Sie haben die Ware erhalten, diese war jedoch beschädigt, defekt, entsprach nicht der vom Verkäufer angegebenen Beschreibung, es ist keine Reparatur oder Ersatzlieferung möglich und der Verkäufer hat Ihnen den Kaufpreis oder die Versandkosten für Hin-und Rücksendung nicht oder nicht vollständig erstattet. [...]"
In der Folgezeit stellte der Beklagte einen Garantieantrag bei Amazon. Amazon gab dem Antrag statt, buchte den Kaufpreis vom Händlerkonto ab und überwies ihn an den Beklagten.
Der Kläger begehrte sodann mit seiner Klage Zahung des Kaufpreises direkt vom beklagten Kunden. Das Ausgangsgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht wies diese ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus, der Kaufpreis sei durch den Beklagten bewirkt worden. Eine nochmalige Inanspruchnahme des Beklagten scheide daher aus. Im Ergebnis hätte sich der Händler mit Amazon streiten müssen. Die gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision des klagenden Händlers hatte vor dem BGH Erfolg.
Der BGH führt nun in seiner Entscheidung aus, die von Amazon nach den Regelungen der A-bis-z-Garantie bewilligte Garantie sowie die auf dieser Grundlage von Amazon veranlasste Rückerstattung des Kaufpreises an den Beklagten stehen der Geltendmachung des Anspruchs auf Kaufpreiszahlung (§ 433 Abs. 2 BGB) nicht entgegen. Dieser ist zwar durch Gutschrift des Betrags auf dem Amazon-Konto des Klägers erloschen. Mit der einverständlichen Vertragsabwicklung über Amazon Marketplace haben die Parteien die Kaufpreisforderung aber für den Fall wiederbegründet, dass das Amazon-Konto des Klägers aufgrund eines erfolgreichen A-bis-z-Garantieantrags des Beklagten rückbelastet wird. Das Risiko der Rückbuchung bei erfolgreicher Inanspruchnahme der Amazon A-bis-z-Garantie steht der Erfüllungswirkung nicht entgegen. Zur Begründung verweist der BGH auf die ergangene Rechtsprechung zum Bezahlsystem Paypal - BGH VIII ZR 83/16.
Danach ist weder die Erfüllungswirkung rückwirkend durch die Rückbuchung entfallen noch ist für den Fall der Rückbuchung eine auflösende Bedingung anzunehmen. Die Entscheidung über die Rückbuchung des Kaufpreises bei einem erfolgreichen A-bis-z-Garantieantrag erfolgt auch hier nicht im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer, sondern beruht auf einer besonderen Dienstleistungsabrede zwischen Amazon und dem Käufer, wobei allein Amazon die Befugnis eingeräumt ist, eigenständig zu entscheiden, ob der Kaufpreis erstattet wird. Mit dem Abschluss des Kaufvertrags über die Plattform Amazon Marketplace haben die Vertragsparteien vielmehr bei Vertragsschluss stillschweigend vereinbart, dass die getilgte Kaufpreisforderung wiederbegründet wird, wenn -wie vorliegend geschehen -das Amazon-Konto des Klägers nach einem erfolgreichen A-bis-z-Garantieantrag rückbelastet wird. Hierbei ist unerheblich, ob die Voraussetzungen der A-bis-z-Garantie tatsächlich vorlagen. Dies ergibt sich nach Maßgabe der gebotenen nach beiden Seiten hin interessengerechten Vertragsauslegung.
Der BGH begründet anhand dieser Kriterien sodann weiter sehr ausführlich, warum diese Auslegung interessensgerecht ist.
Im Ergebnis überzeugt die Begründung des BGH und stärkt die Rechte von Händlern, auch wenn dies bedeutet, dass in Fällen von Garantiefällen die Kaufpreisforderung seitens der Händler aktiv durchgesetzt werden muss. Letztlich ist dies aber bei allen Rechtsgeschäften der Fall, sodass die Händler im Ergebnis nicht schlechter stehen, wenn sie Amazon Marketplace nutzen.
Wenn Sie Unterstützung im e-Commerce benötigen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.
"Einbeziehung von AGB bei Amazon Marketplace - Wiederbegründung der Kaufpreisforderung" von Rechtsanwalt Andreas Buchholz