Audi gewinnt im Markenrechtsstreit gegen chinesischen Automobilhersteller

Die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat mit Urteil vom 19.01.2023 (1 HK O 13543/21) dem Autokonzern Audi in einem markenrechtlichen Streit mit dem chinesischen Automobilhersteller Nio Recht gegeben.

 

Der deutsche Automobilhersteller Audi verklagte den chinesischen Hersteller Nio im Oktober 2021 wegen der Werbung der Modelle „es 6“ und „es 8“ in Deutschland auf Unterlassung, Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie auf Feststellung eines Schadensersatzes.

 

Inhaltlich ging es um die Frage der Verwechslungsgefahr des von dem Autokonzern Nio auf seiner Website beworbenen Modelle „es 6“ und „es 8“ mit den von Audi eingetragenen Marken „S 6“ und „S 8“ und der damit einhergehenden Verletzung von Markenrechten des deutschen Herstellers. Bisher wurden die von Nio hergestellten Modelle lediglich in China und Norwegen verkauft. Der Plan Nios, die beiden Modelle in Deutschland auf den Markt zu bringen, wurde im Januar dieses Jahres durch Urteil des LG München zumindest vorläufig gestoppt.

 

Eine  Verletzung der Markenrechte des deutschen Automobilherstellers hat das LG München aufgrund vorliegender Verwechslungsgefahr zwischen den Modellen von Nio mit den angemeldeten Marken Audis angenommen. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist eine Verwechslungsgefahr auch dann anzunehmen, wenn die Gefahr besteht, dass die Marken im Verkehr gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Bei dem Fall der Verbindungsgefahr können die Marken zwar grundsätzlichen voneinander unterschieden werden, jedoch  liege der Anschein vor, dass die beiden Marken aus demselben oder miteinander verbundenen Unternehmen kommen würden. 

 

Das Gericht bejahte die Verwechslungsgefahr zwischen „es 6“ bzw. „es 8“ mit „S6“ bzw. „S8“ mit folgender Begründung: Bei den beiden Bezeichnungen handele es sich um Kfz-Typenbezeichnungen. Im Automobilbereich würden diese Typenbezeichnung von potenziellen Käufern als Zweitmarken angesehen werden. Deshalb seien bei der Frage der Verwechslung nicht alleine die beiden Firmennamen, sondern die Marken als Ganzes miteinander zu vergleichen. Dass die Typenbezeichnungen gemeinsam mit dem Firmennamen „Nio“ beworben werden, würde nicht zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr führen, da diesem keine vom entsprechenden Kundenkreis weitere Beachtung geschenkt werden  würde.

 

Zur tatsächlichen Verwechslungsgefahr führt  das Gericht aus: "Zwar weiche die [...] Gestaltung des beklagten Unternehmens durch den zusätzlichen Buchstaben "E" im Zeichen der Beklagten schriftbildlich und klanglich merkbar von der klägerischen Marke "S 6" und "S 8" ab. Der zusätzliche Buchstabe "E" sichere jedoch vorliegend keine hinreichende Unterscheidungskraft. Beide Marken würden zumindest in klanglicher Hinsicht gedanklich in Verbindung gebracht, was unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und bestehenden Warenidentität zu einer mittelbaren Verwechslungsgefahr führe.“ 

 

Zudem werde der Buchstabe „E“ werde im alltäglichen Sprachgebrauch allgegenwärtig als Abkürzung für „Elektro“ verwendet. Gerade Kfz mit Elektromotor würden allgemein als „E-Autos“ bezeichnet. Sofern eine Modellbezeichnung mit diesem Buchstaben beginnt, würden die angesprochenen Verkehrskreise nicht davon ausgehen, dass es sich um eine vollständig andere Marke von unterschiedlichen Herstellern handelte, sondern würden davon ausgehen, „es 6“ sei die elektronische Version von „S 6“.

 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Nio kündigte gegenüber der Automobilwoche an, Berufung eizulegen.

 

"Audi gewinnt im Markenrechtsstreit gegen chinesischen Automobilhersteller"

von Sanja Frey, wissenschaftliche Mitarbeiterin