Am 11.09.2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden: Wer ein Zimmer mit einer Fototapete dekoriert und dieses dann fotografiert und das Foto anschließend im Internet veröffentlicht, begeht keine Verletzung der nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte. Teure Abmahnungen durch Rechtsinhaber der Fotos auf den Tapeten bleiben erfolglos. Solange die Nutzung nicht vertraglich eingeschränkt und aus objektiver Sicht als üblich anzusehen ist, muss der Urheber mit einer Vervielfältigung seines Werkes auf diesem Weg rechnen.
Kläger war in drei Verfahren ein von einem Berufsfotografen gegründetes Unternehmen mit Sitz in Kanada, welches von dem Fotografen angefertigte Lichtbilder als Fototapeten vermarktet. Er wehrte sich in den letzten Jahren jeweils gegen die Veröffentlichungen von Fotos und Videos einer Fototapete mit den Aufnahmen des Fotografen im Internet und klagte über seine Firma, die die Nutzungsrechte an den Fotos lizensiert, insbesondere auf Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten. Ob hierdurch Urheberrechte verletzt werden, haben die Gerichte bisher unterschiedlich beurteilt.
In einem Verfahren (I ZR 139/23) ging es um die Klage gegen eine Frau, die eine entsprechende Fototapete gekauft und diese in ihrem Haus angebracht hatte. In mehreren Videos auf ihrer eigenen Facebook-Seite war die Tapete zu sehen. In einem weiteren Fall (I ZR 141/23) hatte eine Web- und Medienagentur einen Screenshot einer von ihr gestalteten Internetseite auf ihrer eigenen Website hochgeladen. Dort befand sich ein Foto des Gastraums eines Tenniscenters mit einer Fototapete, an deren Bildmotiv die Klägerin die Urheberrechte beansprucht. In einem anderen Verfahren (I ZR 140/23) wurde eine solche Tapete in einem Hotelzimmer verwendet und Fotos davon im Internet auf Hotelportalen zu finden.
Nun hat der BGH für Rechtssicherheit gesorgt: „Die Nutzung von Abbildungen einer Fototapete im Internet verletzte die nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte an den auf der Tapete abgedruckten Fotografien nicht“, entschied der 1. Zivilsenat in Karlsruhe (Urteile v. 11.09.2024 – I ZR 139/23; I ZR 140/23; I ZR 141/23).
Auf § 97 Abs. 1 und 2 UrhG, § 97a Abs. 3 UrhG sowie § 242 BGB gestützte Ansprüche seien unbegründet, weil der Eingriff in das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Fotografen, den alle drei Beklagten vorgenommen hätten, durch eine konkludente Einwilligung des Urhebers gerechtfertigt gewesen sei.
Dass Fotos und Videos von mit Fototapeten dekorierten Räumen gemacht und diese, zu privaten oder zu gewerblichen Zwecken, ins Internet gestellt werden, ist aus der objektiven Sicht des Erklärungsempfängers eine übliche Nutzungshandlung und stehe „im Einklang mit der Lebenserfahrung“. Diese Vervielfältigungen seien im Rahmen der vertragsgemäßen Verwendung für den Urheber auch vorhersehbar gewesen, als er sein Werk ohne Einschränken oder Urheberbezeichnung frei zugänglich machte. Ein Urheber, der dies verhindern möchte, könnte im Rahmen eines Verkaufs vertragliche Nutzungseinschränkungen vereinbaren und darauf ausdrücklich hinweisen.
In einem der Verfahren (I ZR 140/23) stellte der Senat konkreter fest: „Die Wirksamkeit einer Einwilligung setzt nicht voraus, dass sie gegenüber demjenigen erklärt wird, der in Urheberrechte eingreift“. Folglich können nicht nur die Käufer der ohne Einschränkung veräußerten Fototapeten sich auf eine konkludente Einwilligung des Fotografen stützen. „Ausreichend ist ein Verhalten des Berechtigten, dem aus der Sicht eines objektiven Dritten die Bedeutung zukommt, dass der Berechtigte den Eingriff in seinen Rechtskreis gestattet.“ Damit können sich auch Dritte auf eine konkludente Einwilligung des Fotografen stützen, wenn ihre Nutzungshandlungen aus objektiver Sicht als üblich anzusehen sind.
Ferner hat der BGH bestätigt, dass Ansprüche wegen Verletzung des Urheberbenennungsrechts gemäß § 13 Satz 2 UrhG nicht bestehen, weil der Urheber im Rahmen des Vertriebs der Fototapeten auf dieses Recht durch schlüssiges Verhalten verzichtet hat.
"Fotos von Tapeten verletzen keine Urheberrechte"
von Jennifer Hyde-Blake, wissenschaftliche Mitarbeiterin