Digitaler Nachlass: Facebook muss Erben Zugriff auf Nutzerkonto der Verstorbenen gewähren

Der BGH musste sich erneut mit der Frage des digitalen Nachlasses in Bezug auf soziale Medien beschäftigen. Hintergrund ist ein seit Jahren schwelender Rechtsstreit zwischen den Eltern eines verstorbenes Mädchens und dem sozialen Netzwerk Facebook.

 

Wir berichteten bereits ausführlich über den Fall. Zum Hintergrund hier chronlogisch nach zu lesen:

Wie in unserem letzten Artikel (Digitales Erbe: Facebook verweigert weiterhin Zugriff auf Konto einer Verstorbenen) beschrieben, hatten die Eltern gegen Facebook die Festsetzung eines Zwangsgeldes beantragt, da sie der Auffassung waren, dass Facebook den Verpflichtungen aus dem BGH Urteil vom 12.07.2018 -BGH III ZR 183/17- nicht nachgekommen sei.

 

Facebook hatte den Eltern einen USB Stick mit einem 14.000 seitigen pdf Dokument zur Verfügung gestellt. Das Netzwerk war der Ansicht, dass damit alle Verpflichtungen aus dem Urteil erledigt seien. Einen direkten Zugang zum Konto der Verstorbenen, welches sich im Gedenkzustand befindet und daher auch mit Zugangsdaten nicht mehr einsehbar ist, richtete Facebook dagegen nicht ein.

 

Das Landgericht Berlin, welches erstinstanzlich über die Festsetzung des beantragten Zwangsgeldes zu entscheiden hatte, folgte der Argumentation der Eltern und setzte ein Zwangsgeld gegen Facebook fest. Die Eltern argumentierten unter anderem, sie benötigten Zugang zum Konto, um heraus finden zu können, ob ihre verstorbene Tochter Suizidabsichten gehegt habe.

 

Gegen diesen Zwangsgeldbeschluss legte Facebook sofortige Beschwerde ein und das in zweiter Instanz zuständige Kammergericht Berlin hob den Beschluss auf. Gegen diese Aufhebung wiederum legten die Eltern Rechtsbeschwerde zum BGH ein.

 

Mit Beschluss vom 27.08.2020 - III ZB 30/20- hob der BGH den abweisenden Beschluss des Kammergerichts auf und bestätigte das festgesetzte Zwangsgeld gegen Facebook.

 

Als Begründung führte der BGH aus, dass die Übergabe des USB Sticks mit den darauf befindlichen Dateien nicht ausreichend gewesen sei. Es müsse sichergestellt werden, dass die Erben auf dieselbe Art und Weise Kenntnis vom Konto und dessen Inhalt nehmen können, wie die Erblasserin selbst. Hierzu müssten sich die Erben innerhalb des Kontos "bewegen" können. Einzig aktiv nutzen dürften sie es nicht.

 

Maßgeblich definiert der BGH den Begriff des Zugangs dahin gehend, dass die Erben in das Konto "hinein gehen" können. Dies folge direkt aus dem Erbrecht, wonach der Erbe vollständig in das Vertragsverhältnis des Erblassers (Verstorbenen) eintrete. Der Zugang sei daher eine Primärverpflichtung aus diesem Vertragsverhältnis.

 

Die Entscheidung des BGH ist erfreulich eindeutig und an die digitale Gegenwart angepasst. Zukünftig immer häufiger auftretenden Fragen zu digitalem Nachlass dürften damit, zumindest im Bereich von social media umfassend geklärt sein.

 

"Digitaler Nachlass: Facebook muss Erben Zugriff auf Nutzerkonto der Verstorbenen gewähren"

von Rechtsanwalt Andreas Buchholz