BGH: Wann ist die Werbung mit durchschnittlicher Sternebewertung zulässig?

Mit Urteil vom 25.07.2024 (Az. I ZR 143/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) darüber entschieden, unter welchen Voraussetzungen im Internet mit der Angabe von durchschnittlichen Sternebewertungen durch Kunden geworben werden darf. Streitgegenständlich war die Internetwerbung eines Immobilienmaklers. In dieser wurde damit geworben, dass Kunden die Makler mit durchschnittlich 4,7 von 5 Sternen bewerten. Nicht angegeben wurden jedoch die Gesamtzahl und der Zeitraum der Bewertungen sowie eine Aufgliederung in die einzelnen Sterneklassen. Hiergegen hat ein Wettbewerbsverband vor dem LG Hamburg geklagt und die Immobilienmakler nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) auf Unterlassung in Anspruch genommen. 

 

Die Richter am Landgericht hielten es im Ergebnis für unlauter, mit einer durchschnittlichen Sternebewertung zu werben, ohne gleichzeitig auch die Gesamtzahl und den Zeitraum der berücksichtigten Kundenbewertungen zu nennen und haben die Beklagte insoweit zu einem Unterlassen verurteilt. Eine Aufschlüsselung der Bewertungen nach Sterneklassen sei jedoch nicht erforderlich, so dass der Antrag der Klägerin diesbezüglich abgewiesen wurde. Nachdem die Berufung der Klägerin vor dem OLG Hamburg keinen Erfolg hatte, hatte nun der BGH als Revisionsinstanz über den Fall zu entscheiden. 

 

Aufschlüsselung der Bewertungen nach Sterneklassen nicht erforderlich

Der BGH hat nun den allein noch streitgegenständlichen Antrag auf Unterlassung der Werbung ohne Aufschlüsselung der Kundenbewertungen nach Sterneklassen für unbegründet erachtet. Denn darin sei keine nach § 5a Abs. 1 UWG unlautere und somit nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässige geschäftliche Handlung zu sehen. 

 

Gemäß § 5a Abs. 1 UWG  handelt unlauter, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. 

 

Eine Aufschlüsselung der Kundenbewertungen in Sterneklassen stellt nach Auffassung des BGH keine solche wesentliche Information im Sinne von § 5a Abs. 1 UWG dar. Zwar ergeben sich aus der Norm gewisse Informations- und Transparenzpflichten, § 5a Abs. 1 UWG statuiert aber keine allgemeine Aufklärungspflicht über sämtliche Tatsachen, die möglicherweise für eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein könnten. Eine Aufgliederung in Sterneklassen stelle zwar eine für den Verbraucher nützliche Information dar, sie bringe dem Verbraucher jedoch keinen wesentlichen Mehrwert. Entsprechend schließt sich der BGH in seiner Entscheidung der Argumentation des OLG Hamburg an: 

 

,,Der angesprochene Durchschnittsverbraucher wisse, dass der durchschnittlichen Sternebewertung in aller Regel unterschiedlich gute und schlechte Bewertungen zugrunde lägen. Damit nehme er schon nicht an, dass die Bewertungen alle gleich oder auch nur sehr ähnlich seien. Ab einer gewissen, nicht einmal allzu hohen Anzahl von Einzelbewertungen sei damit zu rechnen, dass die Bewertungen – zum Teil erheblich – divergierten. Auch bei einer guten Durchschnittszahl werde es der Erfahrung nach in aller Regel einzelne schlechte oder sehr schlechte Bewertungen geben. Eine hohe Anzahl schlechter und sehr schlechter Bewertungen bilde sich in einer entsprechend schlechteren Durchschnittszahl ab.‘‘

 

Auch das Argument der Klägerin, dass  der Verbraucher ein Interesse daran habe, zu erfahren, auf welchen Kriterien die abgegebenen Bewertungen beruhen, damit er deren Aussagekraft bewerten kann, kann nicht durchdringen. Schließlich lassen sich die der Bewertung zugrunde liegenden Gründe aus der bloßen Aufschlüsselung in Sterneklassen nicht ermitteln. 

 

Rechtsprechung zu Testsiegeln und Prüfzeichen nicht übertragbar

Bei der Werbung mit Testsiegeln und Prüfzeichen geht der BGH demgegenüber in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein erhebliches Interesse des Verbrauchers an Informationen über den Gesamtzusammenhang und die Rahmenbedingungen des Testes besteht. Dort bestehen somit erhöhte Transparenzanforderungen. Diese Rechtsprechung sei auf Kundenbewertungen jedoch nur sehr eingeschränkt übertragbar, da die bewertete Dienstleistung hier nicht in Zusammenhang mit anderen Dienstleistungen steht und den Kundenbewertungen auch keine einheitlichen festgelegten Kriterien zugrunde liegen.

 

Eine Aufschlüsselung der Kundenbewertungen nach Sterneklassen ist also bei der Werbung mit durchschnittlichen Sternebewertungen nicht erforderlich. Eine erhöhte Transparenz erfolgt aber dadurch, dass nach der Entscheidung des LG Hamburg jedenfalls die Gesamtzahl der Bewertungen und der Bewertungszeitraum angegeben werden müssen. 

 

"BGH: Wann ist die Werbung mit durchschnittlicher Sternebewertung zulässig?"

von Sebastian Schäpers, wissenschaftlicher Mitarbeiter