Facebook stand und steht häufig in der Kritik, weil es aus Sicht der Kritiker nicht oder nur unzureichend gegen rechtswidrige Kommentare und Beiträge vorgeht. Die Thematik ist hinlänglich bekannt und vielfach medial diskutiert. Heute wollen wir uns einmal in die Sicht von Facebook versetzen und die Rechtsprechung beleuchten, die sich auf die Fälle bezieht, in denen Facebook gehandelt hat. Wie ist hier die Rechtslage, wann durfte Facebook rechtmäßig sperren, löschen? Wann endet die Meinungsfreiheit und beginnt die Hassrede?
Erst im August 2018 hatte sich das Oberlandesgericht (OLG) München mit dieser Thematik auseinander zu setzen. Facebook hatte eine umstrittene Aussage einer AfD Politikerin gelöscht und die Löschung wie bei Facebook üblich mit einem Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards begründet. Hiergegen wehrte sich die AfD Politikerin im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens. Das OLG München erließ die einstweilige Verfügung gegen Facebook mit Beschluss vom 27.08.2018 - Az. 18 W 1294/18. In der Begründung führte das OLG aus, dass die Geschäftsbedingungen, auf welche Facebook sich stütze, diesbezüglich unwirksam seien. Die entsprechende Passage benachteilige die Nutzer unangemessen, da sie die Löschung von Kommentaren ins freie Belieben von Facebook stelle.
Darüber hinaus sah das OLG den gelöschten Kommentar als von der Meinungsfreiheit gedeckt an. In diesem Zusammenhang stellte das OLG klar, dass die Nutzungsbedingungen von Facebook nicht restriktiver seien dürften als die Meinungsfreiheit. Konkret dürfe Facebook nicht löschen, wenn kein Verstoß gegen die Meinungsfreiheit vorliegt. Dies folge aus der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte.
Kurioserweise hatte das Landgericht (LG) Heidelberg in einer ebenfalls aktuellen Entscheidung festgestellt, dass die Nutzungsbedingungen von Facebook mit der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit konform seien. Wir berichteten.
Am 10.09.2018 hat sich nunmehr auch das LG Frankfurt am Main (2-03 O 310/18) mit der Thematik zu beschäftigen. Vorausgegangen war eine Sperrung des Nutzeraccounts für 30 Tage durch Facebook. Der Nutzer hatte unter einen Artikel der Welt den Kommentar verfasst: "Wasser marsch, Knüppel frei und dann eine Einheit Militärpolizisten! Dann ist schnell Ruhe! Und jeden ermittelten Gast Merkels ab in die Heimat schicken." Laut Facebook stellte dieser Kommentar eine Hassrede im Sinne der Nutzungsbedingungen dar, weshalb Facebook den Nutzer mit der Sperrung sanktioniert habe.
Das LG Frankfurt am Main gab Facebook Recht und wertete den Kommentar ebenfalls als Hassrede, mit der Folge, dass Facebook berechtigt war, den Nutzer zu sperren. Hierbei nahm das LG Frankfurt am Main sogar an, dass der Kommentar wohl noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Gleichwohl sei das Handeln Facebooks berechtigt gewesen. Für Facebook streite das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Grundgesetz (GG), wonach Facebook ein berechtigtes Interesse an dem ordnungsgemäßen Betrieb der Plattform habe. In diesem Zusammenhang nahm das LG auch Bezug auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), wonach es im Einzelfall zulässig sei, die Meinungsfreiheit einzuschränken, wenn Grundrechte Dritter betroffen sind.
Alle Entscheidungen für sich genommen sind nachvollziehbar und gut begründet und doch in ihren Rechtsfolgen grundverschieden. Hier zeigt sich das Dilemma, dem sich Betreiber von Social Media Plattformen ausgesetzt sehen. Es existieren weder einheitliche Standards noch einheitliche Rechtsprechung. Abhilfe kann hier allenfalls der Gesetzgeber schaffen. Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz - NetzDG) wurde hier zumindest ein - zugegeben, sehr umstrittener - erster Schritt gemacht.
"Facebook: Aktuelle Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit - Hassrede"