Geografische Herkunftsangaben: Mini-Rostbratwürstchen müssen nicht aus Nürnberg stammen

Das Landgericht (LG) München I hatte mit Urteil vom 13.06.2024 (Az: 33 O 4023/23) darüber zu entscheiden, ob die Bezeichnung ,,Mini-Rostbratwürstchen‘‘ gegen den geografischen Herkunftsschutz der traditionellen ,,Nürnberger Rostbratwürste‘‘ verstößt.

 

Der EU-Herkunftsschutz

 

Aachener Printen, Düsseldorfer Senf, Westfälischer Kochschinken. Die Bezeichnungen solcher traditioneller Spezialitäten rufen bei den Kunden Assoziationen hervor und erwecken den Eindruck von Regionalität und Qualität. Um einen hohen Absatz zu erzielen, bieten jedoch viele Lebensmittelhersteller ihre Produkte unter falschem Etikett an und schädigen so den Ruf derjenigen Hersteller, die tatsächlich hochwertige Lebensmittel aus regionaler Herkunft anbieten. Um diese Absatzstrategie zu unterbinden, hat die Europäische Union bereits im Jahr 1992 geographische Herkunftszeichen als System zum Schutz und zur Förderung traditioneller und regionaler Lebensmittel eingeführt. 

 

Insgesamt gibt es drei verschiedene europäische Gütesiegel:

  • Die geschützte geographische Angabe (g.g.A.),
  • Die geschützte Ursprungsangabe (g.U.) und 
  • Die geschützte traditionelle Spezialität (g.t.S.).

Für die historischen – bereits seit 1313 bekannten - ,,Nürnberger Rostbratwürste‘‘ wurde im Jahr 2003 der Schutz als geschützte geographische Angabe (g.g.A.) erteilt. Geschützt werden dabei Wissen, Kompetenz und die langjährige Herstellungstradition Nürnbergs gegen jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung sowie gegen sonstige Praktiken, die geeignet sind, den Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Ursprung der Produkte irrezuführen. Jedenfalls einer der Produktionsschritte – also Erzeugung, Verarbeitung oder Zubereitung – muss im Herkunftsgebiet durchlaufen worden sein, während die verwendeten Rohmaterialien auch aus anderen Regionen stammen dürfen. 

 

Keine Verwechslungsgefahr durch ,,Mini-Rostbratwürstchen‘‘

 

Geklagt hatte nun der Schutzverband Nürnberger Bratwürste e.V. Dieser wirft dem Beklagten, einem bayrischen Wursthersteller, vor, dass dessen Produktbezeichnung ,,Mini-Rostbratwürstchen‘‘ bei den Verbrauchern Assoziationen zu den Nürnberger Originalen hervorruft und so zu Verwechslungen führen kann. Zudem sollten auch Größe, Form und Anrichtung der Würste auf den Werbebildern an die traditionellen Nürnberger Rostbratwürste erinnern. Diese Argumentation hat dem LG München I nicht ausgereicht, um von einer Verwechslungsgefahr auszugehen. Schließlich sieht eine Vielzahl von Würstchen auf dem europäischen Markt genauso aus wie die Nürnberger Rostbratwurst, so dass hierin keine besonders unterscheidungskräftige Eigenschaft liegt.

 

,,Der angesprochene Verkehr, der europäische Durchschnittsverbraucher nimmt das beanstandete Produkt in einem Marktumfeld wahr, in dem ihm eine Vielzahl an unterschiedlichen Wurstprodukten in identischer bzw. ähnlicher Form und Größe gegenübertritt. Er ist daher daran gewöhnt, in der konkreten Verkaufssituation nach anderen, unterscheidungskräftigen Kriterien auszuwählen.‘‘

 

Das entscheidende Unterscheidungskriterium sei vielmehr die Herkunftsbezeichnung selbst. Wer also gar nicht behauptet, dass die Würstchen aus Nürnberg stammen, verletzt auch nicht die geschützte geografische Angabe. in dem ihm eine Vielzahl 

 

,,Ein solches unterscheidungskräftiges Kriterium ist die konkret genutzte Bezeichnung, wobei gattungsmäßige Begriffe regelmäßig nicht wahrgenommen werden. Maßgeblich bleibt damit die Angabe ,,Nürnberg‘‘ oder ,,Nürnberger‘‘, welche damit für die Beurteilung, ob das entsprechende Erzeugnis von der geschützten Bezeichnung erfasst wird, ausschlaggebend ist. Angesichts dieses Kontextes kann eine Irreführung durch das streitgegenständliche Erzeugnis der Beklagten nicht festgestellt werden.‘‘

 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 

 

Wie erfolgt die Eintragung einer geographischen Angabe oder Ursprungsbezeichnung?

 

Der Antrag auf Eintragung einer geografischen Angabe oder einer Ursprungsbezeichnung ist beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) einzureichen und wird anschließend sowohl vom DPMA als auch von der EU-Kommission geprüft. Ist die Eintragung erfolgreich, kann die Angabe von jedem Marktteilnehmer verwendet werden, der Agrarerzeugnisse oder Lebensmittel vermarktet, die den jeweiligen Anforderungen entsprechen. Das Prüfverfahren ist national in den §§ 130 ff. MarkenG und in den §§ 47 ff. MarkenV geregelt. Eintragungsfähig sind Namen, die zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendet werden, deren Ursprung in einem bestimmten Ort, in einer bestimmten Gegend oder in einem bestimmten Land liegt. Ein Antrag auf Eintragung kann grundsätzlich nur von einer Vereinigung von Erzeugern oder Verarbeitern des Produktes gestellt werden. Ausnahmsweise können aber auch einzelne natürliche oder juristische Personen antragsfähig sein. 

 

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"Geografische Herkunftsangaben: Mini-Rostbratwürstchen müssen nicht aus Nürnberg stammen"

von Sebastian Schäpers, wissenschaftlicher Mitarbeiter