Google darf Namen mit Ergänzungsvorschlag „bankrott“ versehen

Klage gegen Google abgewiesen: Ein Unternehmen hat keinen Unterlassungsanspruch gegen Google auf Unterlassung der Suchwortvervollständigung mit dem Begriff „bankrott“ (entschied das OLG Frankfurt mit Urteil vom 20.04.2023 - 16 U 10/22).

 

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass die Verknüpfung eines Unternehmensnamens mit dem Begriff „bankrott“ bei der Google-Suche mittels Autocomplete-Funktion zulässig sein kann. Dem Urteil des OLG Frankfurt ist eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt Main, Urteil vom 1.12.2021, Az. 2-34 O 37/21, vorausgegangen, in der das Landgericht entschied, dass Google die generierte Suchergänzung um das Wort „bankrott“ nicht mehr ergänzen dürfe. Das OLG Frankfurt sah dies anders und erklärte die Berufung von Google gegen das Urteil des Landgerichts für erfolgreich. Die Autocomplete-Funktion sei erkennbar unbestimmt, werde erkennbar automatisch generiert und enthalte keine eigenständige Behauptung, so das Oberlandesgericht.

 

Die Internetsuchmaschine Google wurde vom Inhaber einer Unternehmensgruppe verklagt, die auf dem Gebiet des Innendesigns von Hotels tätig ist. Bei der Eingabe des Namens des Unternehmens bei Google wird der Suchergänzungsvorschlag „bankrott“ aufgeführt. Dies liege daran, dass zwei zur Unternehmensgruppe des Mannes gehörende Unternehmen vor circa zehn Jahren aufgrund Ermittlungen von Steuerbehörden insolvent wurden und später deshalb aus dem Handelsregister gelöscht worden waren. Außerdem war ein Websiteeintrag eines Inkassounternehmens zu finden, welcher auf den Kläger Bezug nimmt und einen Auftrag zum Einzug einer Forderung aufwies. Der Kläger wendet sich mit der Klage sowohl gegen die Anzeige der des Vorschlags „bankrott“ als auch gegen die Verlinkung auf die beschriebene Website. 

 

Ein Unterlassungsanspruch der Suchvervollständigung ergebe sich laut OLG nicht aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Ein solcher Anspruch könnte grundsätzlich aus § 17 DSGVO folgen (sog. „Recht auf Vergessenwerden“). Von dem Recht auf Löschung gibt es allerdings auch Ausnahmen. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit dazu: 

 

„Ausnahmen bestehen u. a. dann, wenn Ihre Daten zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung sowie Information verwendet werden oder die Verarbeitung der Geltendmachung anderer Rechtsansprüche dient. In diesem Fall muss die Löschung nicht erfolgen, obwohl Sie einen Grund angeben können. Die freie Meinungsäußerung kann dabei auch über die Nutzung von sozialen Netzwerken oder sonstigen Online-Portalen erfolgen. Weiterhin hat eine Löschung auch dann nicht zu erfolgen, wenn die Verarbeitung der Daten einer legitimen öffentlichen Aufgabe oder dem öffentlichen Interesse dient. Auch solche Daten müssen nicht gelöscht werden, die der Forschung, Wissenschaft oder Statistik dienen und ohne diese Daten derartige Zwecke wenigstens ernsthaft beeinträchtigt würden."

 

Die Autocomplete-Funktion ist zwar als automatische Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 2 Absatz 1 DSGVO zu werten. Ob ein Löschungsanspruch besteht, ist jedoch grundsätzlich auf einer umfassenden Grundrechtsabwägung auf der Grundlage aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Demnach sind die Grundrechte des Klägers auf Achtung des Privatlebens des Schutzes personenbezogener Daten und der unternehmerischen Freiheit gegen das Recht auf unternehmerische Freiheit und freie Meinungsäußerung der Beklagten und das Interesse der breiten Öffentlichkeit am Zugang zu Informationen abzuwägen. 

 

Im Rahmen dieser Interessenabwägung treten die Interessen des Unternehmers an der Löschung laut Oberlandesgericht in diesem Fall hinter die Interessen der Nutzer und der Öffentlichkeit zurück, § 17 Absatz 3 d) DSGVO.

 

Dies liege daran, dass der Suchvorschlag „bankrott“ erkennbar offenbleibe und unbestimmt sei. Dass die Vervollständigungsfunktion bloß das Ergebnis eines automatischen Vorgangs von Google ist, sei einem verständigen Internetnutzer auch bewusst, man sei mit der Funktion vertraut. Dies hat auch bereits das Oberlandesgericht Köln in einer Klage gegen Google festgestellt, Urteil vom 14.05.2012, Az. 15 U 199/11. Ein verständiger Nutzer entnehme der angezeigten Kombination auch keine eigenständige Bedeutung und sei höchstens Anlass für weitere Recherchen. 

 

Zudem sei zu berücksichtigen, dass es tatsächliche Anhaltspunkte für die Verbindung des Namens mit dem Begriff „bankrott“ gebe. Der Kläger führt zwar als Argument an, dass sich der Begriff „bankrott“ auf den Straftatbestand des § 283 StGB beschränke. Doch auch dieser Ansicht folgt das Oberlandesgericht nicht. Das Wort sei vielmehr nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auszulegen und im Sinne einer Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz zu verstehen. 

 

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision beim BGH begehrt werden. Grundsätzlich hat der Bundesgerichtshof bereits 2013 eine Haftung für die Suchvorschläge durch Google bejaht. Eine präventive Überprüfung oder Verhinderung von der Autocomplete-Funktion muss Google aber grds. nicht vornehmen.

 

"Google darf Namen mit Ergänzungsvorschlag „bankrott“ versehen"

von Miriam Gavrilescu, wissenschaftliche Mitarbeiter