Vor dem Landgericht (LG) Berlin hat die Verwertungsgesellschaft VG Media Gesellschaft zur Verwertung der Urheber- und Leistungsschutzrechte von Medienunternehmen mbH (VG Media) den Suchmaschinenbetreiber Google Inc. (Google) wegen dessen „Snippets“ verklagt. Eine schnelle Entscheidung ist nicht zu erwarten, da das LG Berlin mit Beschluss vom 09.05.2017 – 16 O 546/15 den Rechtstreit ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zwei Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt hat.
Streit sind – erneut – Google Snippets. Bei diesen werden bei den Suchanzeigen von Google kurze Text-/Bildausschnitte der Suchtreffer angezeigt, um den Nutzer eine schnellere Analyse der Relevanz der Ergebnisse zu bieten. Die VG Media, welche z.B. die Interessen von Verlagen wie z.B. Funke, Dumont und Axel Springer vertritt, begehrt von Google Auskunft, über Einkünfte, die durch die Anzeige der Google Snippets geschalteten Werbeanzeigen generiert wurden und den sich aus dieser Auskunft ergebenen Schadensersatz. Sie beruft sich hierbei auf das Leistungsschutzrecht nach dem Urheberrechtsgesetz (§§ 87f – 87h Urheberrechtsgesetz (UrhG).
Das LG Berlin hält die Klage nach vorläufiger Einschätzung für zumindest teilweise begründet. Dies hänge jedoch davon ab, ob die §§ 87f- 87h UrhG anwendbar sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 30.04.1996 – C-194/94) sind Normen nicht anwendbar und dürfen dem Einzelnen nicht entgegengehalten werden wenn diese:
„unter Verstoß gegen die Vorlage- (Notifizierungs-) Pflicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften zustande gekommen sind […].“
Ein solches Notifizierungsverfahren hat zum Inhalt, dass der jeweilige Gesetzgeber die Europäische Kommission, gegebenenfalls auch andere Mitgliedstaaten, über ein geplantes Gesetz informiert und die Möglichkeit der Überprüfung einräumt. Dies ist dann notwendig, wenn
„die genannten nationalen Vorschriften eine technische Vorschrift im Sinne des Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften darstellen. Nach Art. 1 Nr. 11 der genannten Richtlinie umfasst der Begriff der “technischen Vorschrift” auch Vorschriften betreffend Dienste. Eine “Vorschrift betreffend Dienste” wird in Art. 1 Nr. 5 der genannten Richtlinie beschrieben als “eine allgemein gehaltene Vorschrift über den Zugang zu den Aktivitäten der unter Nummer 2 genannten Dienste und über deren Betreibung, insbesondere Bestimmungen über den Erbringer von Diensten, die Dienste und den Empfänger von Diensten, unter Ausschluss von Regelungen, die nicht speziell auf die unter dieser Nummer definierten Dienste abzielt.” Der in Bezug genommene Art. 1 Nr. 2 der genannten Richtlinie definiert den “Dienst” als eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung”.
Nach der Ansicht der Kammer stellen die einschlägigen Normen technische Vorschriften dar. Denn Suchmaschinenanbieter stellen eine solche Dienstleistung der Informationsgesellschaft im Fernabsatz dar (Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie), da die Vertragspartner nicht gleichzeitig physisch anwesend seien. Da das LG Berlin nicht selber eine Entscheidung treffen kann, ob die Leistungsschutzrechte technische Vorschriften darstellen und somit ein Notifizierungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen, hat es dem EuGH die Rechtsfragen zur Beantwortung vorgelegt.
Google Snippets waren schon zuvor Gegenstand von Gerichtsverfahren aus verschiedenen Rechtsgebieten. Wie entscheidet der EuGH? Es bleibt spannend, ob der EuGH die Notifizierungspflicht der entsprechenden Normen bestätigt und somit auch dieses Verfahren mit einem Sieg für Google endet.
"Rechtstreit um Google Snippets – der EuGH entscheidet!"
von Rechtsanwalt Benedikt Schönbrunn