KI-Recht: GEMA klagt gegen KI-Musiktool-Anbieter Suno Inc.

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) reichte im Januar 2025 Klage gegen die KI-Anbieterin Suno Inc. (Suno) am Landgericht (LG) München I ein. Der Vorwurf lautet, dass Suno die Rechte der GEMA-Mitglieder verletzt habe, indem das amerikanische Unternehmen für das Training ihrer KI das Repertoire der GEMA genutzt habe.

 

Suno ist ein KI-Anbieter aus den USA. Mit ihrem Programm ist es den Nutzern möglich, Musik mithilfe künstlicher Intelligenz zu erstellen. Konkret entstehen Songs durch die Bedienung eines Prompts, wonach die Nutzer konkrete Anweisungen an die KI geben, um einen neuen Song zu generieren. 

 

Durch die Nutzung des Musikrepertoires der GEMA habe Suno die Rechte der GEMA-Mitglieder verletzt und daher gegen das Urheberrecht verstoßen. Bekanntlich vertritt GEMA ca. 95.000 Künstler*innen und umfasst eine Datenbank von ca. 30 Mio. Songs und Musikwerke.  Als Verwertungsgesellschaft macht sie neben der Durchsetzung fairer Vergütungen ihrer Mitglieder auch regelmäßig deren Urheberrechte geltend. 

 

Aus Sicht der GEMA besteht dringender Handlungsbedarf, da sowohl durch die lockere aber auch ebenfalls ungeklärte Rechtslage in den USA mangels einer Regelung ähnlich der OPt-Outs befürchtet werde, dass die in den USA ansässigen KI-Anbieter weiter europäisches bzw. deutsches Recht umgehen werden.

 

Was wird konkret vorgeworfen? 

 

Konkreter Vorwurf der Klage ist, dass Suno die Datenbank der GEMA genutzt habe, ohne dabei die Mitglieder der GEMA vergütet zu haben. Dies ergebe sich daraus, dass die KI-generierten Audioinhalte Sunos den Originalwerken der GEMA-Datenbank sehr ähneln. Dabei gleichen die vermeintlich neu kreierten Songs oftmals hinsichtlich der Melodie, dem Rhythmus und sogar der Stimmfarbe bereits bekannter Werke. Für die Fremdnutzung spreche laut der GEMA, dass nach eigener Aussage des amerikanischen Unternehmens in einem in den USA geführten Gerichtsverfahren sich sämtlicher Musikdatenbänke bedient wurde, um die KI zu trainieren.  

 

Dadurch sieht die GEMA sowohl das Vervielfältigungsrecht ihrer Mitglieder – und damit die Original-Urheber – verletzt als auch ein Verstoß gegen die öffentliche Wiedergabe lizenzpflichtiger Werke.

 

Rechtslage: Kein Schutz durch §§ 60d, 44b UrhG für Suno u.a. durch Opt-out Erklärung

 

Mit § 60d Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz - UrhG) entstand nach Umsetzung der DSM-Richtlinie 2018 eine Schranke zugunsten von Text und Data Mining (TDM). Durch das TDM werden große Datenmengen automatisch analysiert, um Muster und Zusammenhänge aufzudecken.  Bedient sich ein Unternehmen dieser Technik zu rein wissenschaftlichen, nicht hingegen zu kommerziellen, Zwecken, so ist nach § 60d UrhG eine solche Vervielfältigung erlaubt. Zusätzlich wurde 2021 eine allgemeine TDM-Schranke mit § 44b UrhG eingeführt. Beide Schranken führen zugunsten des Berechtigten zur vergütungsfreien TDM-Nutzung. Das gilt für die allgemeine Schranke jedoch dann nicht, wenn die Urheber*innen einer derartigen automatisierten Analyse nach § 44b Absatz (Abs.) 3 UrhG widersprechen (sog. Opt-Outs).  

 

Anders als die Literatur, wendet die Rechtsprechung die Norm und insbesondere den Nutzungsvorbehalt aus § 44b Abs. 3 UrhG direkt auf KI-Nutzungen an. Obwohl anzuzweifeln ist, ob der Gesetzgeber mit der Umsetzung der DSM-RL und damit der Einführung des § 44b UrhG die KI-Problematik überhaupt erkannt habe.  Für die Anwendung spricht aber obendrein, dass nach Artikel (Art.) 53 Abs. 1 Satz (S.) 1 a) AI Act, KI-Anbieter eine „Strategie zur Einhaltung des Urheberrechts der Union“ und insbesondere einen Rechtsvorbehalt einzuführen haben. (Zur Erinnerung: Die europäische Verordnung AI Act ist mit dem 01.08.2024 in Kraft getreten und nach ihrem ersten Erwägungsgrund der Förderung vertrauenswürdiger künstlicher Intelligenzen und gleichzeitig der Einführung eines hohen Schutzniveaus.)

 

Im hiesigen Verfahren, bedient sich auch Suno dieser Technologie, um Muster bereits bekannter Songs für das Generieren neuer Songs zu erkennen. Allerdings kann nicht von einer vergütungsfreien Nutzung Suno‘s ausgegangen werden, da die Verwendung etwaiger Musikwerke anders als beispielsweise im Verfahren vor dem LG Hamburg (Urt. v. 27.09.2024 – 310 O 22/23) ausschließlich dem kommerziellen Zweck dient. Zusätzlich hat die GEMA bereits mit Einführung des § 44b UrhG für ihre Mitglieder den Nutzungsvorbehalt im Sinne des (i.S.d.) § 44b Abs. 3 UrhG (Opt-Outs) erklärt, sodass ohnehin die Schranke aus § 44b UrhG nicht zugunsten Sunos gelten kann. Grundsätzlich erklären sich die Mitglieder aber dazu bereit, dass ihre Werke nach Erwerb einer Lizenz zum Training einer KI verwendet werden dürfen.  

 

Ähnliches gelte für die öffentliche Zugänglichmachung der Werke nach § 19a UrhG als Unterfall der öffentlichen Vervielfältigung.  Auch dafür hat Suno bisher keine entsprechende Lizenz erworben. 

 

Lösungsansatz der GEMA 

 

Die GEMA stellt klar, dass durch die Klage nicht die Unterbindung der Nutzung von Werken ihrer Mitglieder für KI-Tools verfolgt wird, sondern primär eine faire Beteiligung begehrt wird. Dafür wurde ein Lizenzmodell– sog. zwei Säulen Modell – erstellt, wonach die GEMA-Mitglieder bereits beim Training von KI-Tools finanziell beteiligt werden sollen, indem ihnen eine Regelvergütung iHv. 30 % an den Einnahmen oder sicherheitshalber eine Mindestvergütung zustehen soll. Zusätzlich sollen die Urheber*innen an den wirtschaftlichen Vorteilen der Folgenutzung beteiligt werden. 

 

GEMA vs. Chat-GPT 

 

Bereits im November 2024 erhob die GEMA am LG München I Klage gegen Open AI Ltd., welche bekanntlich ChatGPT betreiben. Gegenstand der Klage ist hierbei, dass ChatGPT Urheberrechte beim Erstellen von Songtexten verletzt habe. Ähnlich wie Suno vergütete OpenAI weder beim Training ihrer KI noch bei der Wiedergabe der Songtexte die GEMA. Auch hierbei stellt sich die Frage, ob das Trainieren einer KI unter der Schranke des Text und Data Mining fällt, wobei ohnehin die Mitglieder der GEMA ihr Nutzungsvorbehalt (Opt-Out) erklärt haben. 

 

 

"KI-Recht: GEMA klagt gegen KI-Musiktool-Anbieter Suno Inc." von Sadia Azizi, wissenschaftliche Mitarbeiterin