Nachdem sich künstliche Intelligenz (KI) in den letzten Jahren zu einer Universaltechnologie entwickelt hat (Wendt/Wendt, AI-Act, § 1 S. 18), ist KI oder auch AI (Artificial Intelligence) in aller Munde. Ob im privaten oder geschäftlichen Bereich, in der öffentlichen Verwaltung, Schulen und sogar Kindertagesstätten, an nahezu jedem Ort wird über den Einsatz von KI gesprochen – an vielen der genannten Stellen wird künstliche Intelligenz auch bereits eingesetzt.
Einen erkennbaren Hype rund um das Thema KI hat die Veröffentlichung von ChatGPT durch OpenAI ausgelöst. Mit der Veröffentlichung dieses Chatbots galt KI als „in der Mitte der Gesellschaft angekommen“ (Wendt/Wendt, a.a.O., S. 20). Der Hype ist nicht unberechtigt – denn KI-Systeme haben das Potenzial, das Leben der Menschen einfacher zu machen und bei der Problemlösung zu unterstützen, sodass viel Zeit eingespart werden kann (Hoeren/Pinelli, Künstliche Intelligenz, Kapitel 2, S. 18).
Wo Chancen sind, sind Risiken. Um Menschen vor Risiken zu schützen bzw. diese kalkulierbar zu machen, werden in einer Gemeinschaft Regeln benötigt. Dies gilt umso mehr für Entitäten, welche dem Menschen oder einer Vielzahl von Menschen unbekannt sind und denen aus diesem Grund mit Misstrauen oder sogar Angst und dadurch mit Ablehnung begegnet wird. Dass KI-Systeme Risiken in sich tragen und Schäden verursachen können, ist im 5. Erwägungsgrund (https://ai-act-law.eu/de/erwg/5/) festgestellt, wen es dort heißt:
„Gleichzeitig kann KI je nach den Umständen ihrer konkreten Anwendung und Nutzung sowie der technologischen Entwicklungsstufe Risiken mit sich bringen und öffentliche Interessen und grundlegende Rechte schädigen, die durch das Unionsrecht geschützt sind. Ein solcher Schaden kann materieller oder immaterieller Art sein, einschließlich physischer, psychischer, gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Schäden.“
Vor diesem Hintergrund hat die EU als eine der ersten gesetzgebenden Organe der Welt bereits im Jahr 2018 damit begonnen, den Weg zu einer EU weit geltenden Norm zu ebnen, welche am 01.08.2024 mit der KI-Verordnung in Kraft getreten ist. Nachdem das EU-Parlament bereits im Jahr 2017 einen frühen Bericht mit Empfehlungen zu zivilrechtlichen Regelungen im Bereich der Robotik veröffentlichte, hat die EU-Kommission am 25.04.2018 eine Mitteilung „Künstliche Intelligenz für Europa“ veröffentlicht (Wendt/Wendt, a.a.O., § 3 S. 41 – hier findet sich ein Zeitstrahl mit allen Stationen der Entwicklung des AI-Acts).
Es folgten Berichte, Entwürfe und Verhandlungen von Kommission, Parlament und Rat, bis das Regelwerg am 13.03.2024 und 21.05.2024 vom EU-Parlament und Rat beschlossen wurde. Dem 1. Erwägungsgrund (https://ai-act-law.eu/de/erwg/1/) ist zu entnehmen, dass dem oben genannten Misstrauen sowie der Angst begegnet werden sollte. KI soll, wenn sie entwickelt, genutzt, in Verkehr gebracht, in Betrieb genommen und verwendet wird, menschenzentriert und vertrauenswürdig sein und ein hohes Schutzniveau in Bezug auf Menschen-/Grundrechte sicherstellen. So heißt es in dem 1. Erwägungsgrund:
„Zweck dieser Verordnung ist es, das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern, indem ein einheitlicher Rechtsrahmen insbesondere für die Entwicklung, das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme und die Verwendung von Systemen künstlicher Intelligenz (KI Systeme) in der Union im Einklang mit den Werten der Union festgelegt wird, um die Einführung von menschenzentrierter und vertrauenswürdiger künstlicher Intelligenz (KI) zu fördern und gleichzeitig ein hohes Schutzniveau in Bezug auf Gesundheit, Sicherheit und der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union („Charta“) verankerten Grundrechte, einschließlich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Umweltschutz, sicherzustellen, den Schutz vor schädlichen Auswirkungen von KI Systemen in der Union zu gewährleisten und gleichzeitig die Innovation zu unterstützen.“
An dieser Stelle sollen von nun an - unter besonderer Beachtung der 180 Erwägungsgründe – fortlaufend einzelne Aspekte der KI-Verordnung beleuchtet und besprochen werden. Die Erwägungsgründe werden dabei nicht nacheinander, sondern themenbezogen erörtert.
Literatur:
Hoeren, Thomas/Pinelli, Stefan, Künstliche Intelligenz, Ethik und Recht, München 2022 (zit. als Hoeren/Pinelli, Künstliche Intelligenz)
Wendt, Janine/Wendt, Domenik H., Das neue Recht der Künstlichen Intelligenz, Artificial Intelligence Act (AI Act), Baden-Baden, 2024 (zit. als Wendt/Wendt, AI Act)