Urheberrechtlicher Schutz von „Lost Places“

Das Amtsgericht München hat in seinem Urteil vom 09.04.2021 (Az. 142 C 14251/20) hat entschieden, dass eine verfallene historische Burg als „Lost Place“ bezeichnet werden darf.

 

Bei „Lost Places“ handelt es sich um Bauwerke, die entweder noch nicht historisch aufgearbeitet worden sind oder aufgrund ihrer geringen Bedeutung kein allgemeines Interesse finden und daher nicht als besonders erwähnenswert gelten. Die Faszination dieser Orte liegt in der fehlenden touristischen Erschließung, die dem Besucher die Möglichkeit bietet, selbst auf „Entdeckungsreise“ zu gehen.

 

Geklagt hat in München eine US-amerikanische Gesellschaft, die Eigentümerin einer Burg, das erstmals im Jahre 874 erwähnt wurde. Seit 1991 hat das Gebäude keine konkrete Verwendung, nachdem es 130 Jahre lang als „Zuchthaus“ diente. Die Klägerin ist Inhaberin von in den USA registrierten Urheberrechten (Copyrights) an architektonischen Werken der Burg. 

 

Sie verlangte von dem Beklagten insgesamt 4.500,00 €, weil er durch das ungenehmigte Anfertigen der Bilder „ausländisches Copyright“ verletzt haben soll. Zudem soll der Beklagte die „moralischen Rechte“ der Klägerin verletzt haben, indem er die Burg als „Lost Place“ bezeichnete und damit die unwahre Behauptung verbreitet haben soll, die Burg sei verloren und verlassen.

 

Schadensersatzansprüche, insbesondere ein Anspruch auf Geldentschädigung nach § 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wegen der Bezeichnung der Burg als „Lost Place“ scheiterte ebenfalls. Die Gesellschaft verlangte offenbar Geldentschädigung für immaterielle Schäden („Verletzung moralischer Rechte“), die ebenfalls in den meisten Fällen nur natürlichen Personen zustehen. Darüber hinaus sollen laut des Gerichts Schadensersatzansprüche wegen der Bezeichnung eines alten Schlosses als „Lost Place“ in der Regel ausscheiden, wenn das Objekt leer steht und sich in einem äußerst schlechten baulichen Zustand befindet, so dass der Verfall droht.

 

Ein urheberrechtlicher Schadensersatzanspruch nach § 97 Absatz 2 Satz 1 Urheberrechtsgesetz scheiterte unter anderem daran, dass in Deutschland nur natürliche, nicht dagegen auch juristische Personen Urheber sein können. Des Weiteren kann urheberrechtlicher Schutz im Inland nicht auf die Etablierung oder Registrierung von Urheberrechte im Ausland gestützt werden.

 

Grundsätzlich kann jedoch ein Verstoß gegen das Urheberrecht vorliegen, wenn Bilder trotz Widerspruchs des Eigentümers, Besitzers oder Urhebers auf nicht zulässige Art und Weise genutzt werden. Der Geschädigte kann dann per Abmahnung und Unterlassungserklärung gegen den Fotografen vorgehen und bei kommerzieller Nutzung auch Schadensersatz fordern. Eine Ausnahme hiervon bilden frei zugängliche Kunstwerke an Straßen, Plätzen oder in Gärten, die von der Straße aus frei einsehbar sind.

 

Auf der anderen Seite verfügen „Lost Places“ auch über eine strafrechtliche Relevanz. Wer ein abgezäuntes Gelände oder Gebäude betritt, begeht Haufriedensbruch. Dabei handelt es sich zwar um Antragsdelikt. Der Besitzer muss die Strafverfolgung also anzeigen. Allerdings werden einige Besitzer verfallener Gebäude aus Haftungsgründen ein Interesse daran haben, dass ihre Gebäude nicht betreten werden. Denn den Besitzer trifft eine Mitschuld, wenn auf seinem Grundstück ein Unfall geschieht.

 

Urheberrechtlicher Schutz von „Lost Places“ 

von Otto Weidenkeller, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Stationsreferendar