Medienrecht: Erstattung von Rechtsverfolgungskosten bei Weiterverbreitung von Inhalten

Mit dem kürzlich veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) (Urt. v. 09.04.2019, Az. VI ZR 89/18) zeigt sich erneut, wie wichtig die Beachtung der journalistischen Sorgfaltspflichten ist. Denn bei Nichtbeachtung kann es sehr schnell sehr Teuer für den Berichterstatter werden.

 

Im nunmehr entschiedenen Fall ging es um einen Fernsehbeitrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), in welchem dieser über einen italienischen Gastwirt berichtete und diesen mit der Mafia in Verbindung brachte. Dieser Beitrag wurde auch in der Mediathek des MDR veröffentlicht.

 

Zwar wurde der Kläger in dem Beitrag anonymisiert, jedoch konnte er dennoch von einem bestimmten Personenkreis identifiziert werden. So erkannte sich der Kläger auch selbst in dem Filmbericht wieder. Er wurde als Finanzverwalter eines Ablegers der kalabrischen Mafiaorganisation „Ndrangheta“ dargestellt.

 

Daraufhin ging der Kläger gegen die Veröffentlichung des Beitrags erfolgreich vor. Jedoch hatte ein YouTube-Nutzer mittlerweile den Beitrag in seinem Kanal hochgeladen, wo er weiterhin für jedermann abrufbar war. Der Kläger forderte den YouTube-Nutzer dazu auf das Video zu löschen, was dieser auch zunächst tat. Einige Monate später hat er das Video jedoch erneut eingestellt. Der Kläger beantragte erneut bei YouTube die Löschung und ließ den YouTube-Nutzer zusätzlich noch anwaltlich abmahnen und beantragte eine einstweilige Verfügung gegen ihn, die auch erlassen wurde.

 

Ebenso ließ der Kläger einen weiteren Internetnutzer abmahnen, welcher den Film auf den Internetplattformen Facebook und Metavideos.com verbreitete.

 

In dem jetzt entschiedenen Verfahren begehrte der Kläger vom MDR und dessen Journalisten Ersatz seiner Kosten aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren sowie die ihm für die in diesem Zusammenhang erfolgte außergerichtliche Tätigkeit seiner Rechtsanwälte entstandenen Kosten.

 

Das Oberlandesgericht (OLG) Jena und lehnte den Ersatz der Rechtsverfolgungskosten gänzlich ab (Entscheidung vom 21.02.2018 - 7 U 471/17). Das OLG legte in den Entscheidungsgründen dar, dass der MDR hier zwar als Störer zu werten sei, jedoch hafte dieser nicht für eine Weiterverbreitung des Films durch Dritte, da es dadurch zu einer Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit kommen würde.

 

Dies sah der BGH jedoch anders. Der MDR habe das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt, indem er eine Verbindung seiner Person mit der italienischen Mafia hergestellt habe, ohne eine gründliche Recherche durchgeführt zu haben. Auch sei die Weiterverbreitung durch Dritte sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Gerade durch die Veröffentlichung in der Mediathek sei es typisch, dass die Beiträge von Dritten verlinkt und kopiert würden. Die ursprüngliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts wirke in dem erneuten Upload nach.

 

Entscheidend war nach Ansicht der Richter aus Karlsruhe auch, dass der MDR, der mit dem rechtswidrigen Beitrag eine Gefahr geschaffen hatte, damit hätte rechnen müssen, dass sich der Beitrag weiterverbreitet. Es stünde dem MDR auch die Möglichkeit frei, selbst gegen das illegale hochladen Ihrer Beiträge vorzugehen. In der hiesigen Konstellation gehe der umfassende Schutz des Persönlichkeitsrechts vor, da dieses ansonsten leer liefe, was eine direkte Inanspruchnahme des MDR seitens des Klägers rechtfertige.

 

Der BGH machte jedoch nicht nur den MDR verantwortlich, sondern auch den ebenfalls beklagten Journalisten, da sich ihm die internettypische Gefahr der Weiterverbreitung des unter Verstoß gegen die journalistischen Sorgfaltspflichten erstellten Films habe aufdrängen müssen.

 

Bevor nunmehr der MDR die Anwaltskosten erstatten muss geht die Sache zunächst zurück an das OLG, welches über Notwendigkeit der Abmahnungen gegen die Internetnutzer entscheiden muss, da es dazu bisher keine Feststellungen getroffen hatte.

 

 

 

"Medienrecht: Erstattung von Rechtsverfolgungskosten bei  Weiterverbreitung von Inhalten und Verdachtsberichterstattung!"

von Stephan Bergmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter