Presserechtlicher Auskunftsanspruch von Axel Springer zu Unrecht zurückgewiesen

Nachdem am Abend des 20. Dezember 2024 ein Mann mit einem Auto ungebremst in eine Menschenmenge auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt fuhr und sechs Personen tötete, sowie 300 weitere Personen verletzte, kamen in der Öffentlichkeit Fragen zu den offenbar unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen des Weihnachtsmarktes auf.

 

Die Redaktionen von Welt und Welt am Sonntag vom Verlag Axel Springer richteten ebendiese Fragen an die Stadt Magdeburg und an die Gesellschaft zur Durchführung der Magdeburger Weihnachtsmärkte mbH (im Folgenden: GmbH). Da die Antworten jedoch verweigert wurden, musste sich Axel Springer diese nun vor dem Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erstreiten. Eine Eilbedürftigkeit bestand vorliegend aufgrund des hohen Gegenwartsbezugs sowie aufgrund des gesteigerten öffentlichen Interesses an der Thematik. Mit Beschlüssen vom 11.02.2025 (Az. 7 B 52/25 MD) und vom 13.02.2025 (Az. 7 B 53/25 MD) verpflichtete das VG die Stadt Magdeburg und die GmbH zur Erteilung von einem Großteil der begehrten Auskünfte.

 

GmbH stellt eine Behörde im Sinne des Pressegesetzes dar

 

Grundlage für den Anspruch auf Auskunft stellte hier § 4 Abs. 1 des Pressegesetzes für das Land Sachsen-Anhalt (PresseG LSA) dar. Danach sind Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Da die GmbH, die mit der Durchführung des Weihnachtsmarktes beauftragt war, zu 52 Prozent der Stadt Magdeburg gehört, fällt diese trotz ihrer privatrechtlichen Ausgestaltung unter den presserechtlichen Behördenbegriff und ist demnach grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet. Das VG Magdeburg sah hier bei elf von fünfzehn Fragen die Anspruchsvoraussetzungen der Norm als erfüllt an.

 

Insbesondere – so das Gericht – verfügten die Stadt Magdeburg sowie die GmbH als Ausrichterin des Weihnachtsmarktes tatsächlich über die angefragten Informationen zu den Sicherheitskonzepten. Hierbei sei es auch unschädlich, dass die Informationen teilweise nicht als Aufzeichnung vorlagen, da die Behörden das Wissen auch durch Abfragen bei den zuständigen Mitarbeitern hätten erlangen und weitergeben können. 

 

Kein Auskunftsverweigerungsrecht wegen laufendem Ermittlungsverfahren

 

Im Schwerpunkt ging es bei den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes darum, ob das laufende Ermittlungsverfahren zu der Tat einer Auskunftserteilung entgegenstehen könnte. Denn die landesrechtlichen Pressegesetze (hier § 4 Abs. 2 PresseG LSA) sehen Auskunftsverweigerungsrechte für ebensolche Fälle vor, in denen die Auskünfte die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereiteln, erschweren, verzögern oder gefährden könnten. Für eine solche Vereitelungswirkung müsse laut dem VG Magdeburg jedoch ein ,,hohes Maß‘‘ an Wahrscheinlichkeit vorliegen, wofür im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte bestünden. Konstitutiv für eine rechtmäßige Verweigerung sei jedenfalls ein erhöhter Begründungsaufwand der Behörden. Allein der pauschale Verweis auf das laufende Ermittlungsverfahren und eine spätere Beantwortung der Fragen genüge den Anforderungen des Grundrechts der Pressefreiheit nicht. Denn die freie und unabhängige Presse ist für die freiheitlich demokratische Grundordnung von besonderer Bedeutung, was zu einer extensiven Auslegung des presserechtlichen Auskunftsanspruchs führt. Allein die bloße Möglichkeit einer anschließend ggf. rechtsverletzenden Berichterstattung reicht für eine Verneinung der Anspruchsvoraussetzungen nicht aus.

 

Nicht verpflichtet sind die Behörden hingegen zur Beantwortung der Frage, ob aus ihrer Sicht alle Vorschriften zum Schutz des Weihnachtsmarktes eingehalten worden seien. Denn mit dieser Frage haben die Redaktionen von Welt und Welt am Sonntag eine rechtliche Bewertung bzw. eine Kommentierung von den Antragsgegnern verlangt. Auf eine solche besteht jedoch kein Anspruch nach dem PresseG LSA. 

 

"Presserechtlicher Auskunftsanspruch von Axel Springer zu Unrecht zurückgewiesen"

von Sebastian Schäpers. wissenschaftlicher Mitarbeiter