Kartellrecht: Urteil des BGH zu der Schadensersatzklage von Schlecker

Am 29.11.2022 verkündete der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) sein Urteil in dem Verfahren KZR 42/20. Auf Klägerseite befindet sich der Insolvenzverwalter von Anton Schlecker. Die Beklagten stellen Drogeriemarkenartikel her. Die Parteien befinden sich seit mehreren Jahren in einem Rechtstreit. In den ersten beiden Instanzen blieb der Kläger ohne Erfolg. (LG Frankfurt/Main - Urt. v. 10.08.2018, Az. 2-03 O 239/16 sowie OLG Frankfurt/Main - Urt. v. 12.05.2020, Az. 11 U 98/18 (Kart)). Der Kläger begehrt mit seiner Klage Schadensersatz in Höhe von mindestens 212,2 Millionen Euro.

 

Die jeweiligen Beklagten und Schlecker legten die Preise für die von Schlecker erworbenen Produkte jeweils in Jahresvereinbarungen fest für den Zeitraum von 2000 bis 2012. In den Jahren 2004 bis 2006 waren die Beklagten nach den Feststellungen des Bundeskartellamts in unterschiedlichem Umfang an kartellrechtswidrigen Informationsaustausch beteiligt. Die beklagten Drogerieartikel Hersteller wurden in der Folge mit Millionenbußgeldern von dem Bundeskartellamt belegt wegen des Verstoßes gegen das Kartellverbot gemäß § 1 GWB und Art. 81 EGV (heute Artikel 101 AEUV). Der unzulässige Informationsaustausch betraf insbesondere beabsichtigte und durchgesetzte Bruttopreiserhöhungen sowie über den aktuellen Stand der Jahresverhandlungen und das Bestehen von Sonderforderungen.

 

Der Insolvenzverwalter des Klägers macht nun geltend, dass Schlecker überhöhte Preise für Drogeriemarkenartikel bezahlt habe und dadurch ein Schaden von mindestens 212,2 Millionen Euro entstanden sei. 

 

Der Senat hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der BGH entschied, dass

 

ein kartellrechtswidriger Austausch zwischen Wettbewerbern über geheime Informationen, die das aktuelle oder geplante Preissetzungsverhalten gegenüber einem gemeinsamen Abnehmer zum Gegenstand haben, zugunsten dieses Abnehmers den Erfahrungssatz begründet, dass die danach erzielten Preise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die Wettbewerbsbeschränkung gebildet hätten. Betreffen geheime Informationen aktuelles oder geplantes Preissetzungsverhalten, besteht eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass die an dem Informationsaustausch beteiligten Wettbewerber gemeinsam ein höheres Preisniveau erreichen

 

(Urteil vom 29. November 2022 - KZR 42/20). 

 

Dieser Erfahrungssatz gelte auch für das Drogeriekartell. Zwar wurde durch das Berufungsgericht ein solcher Erfahrungssatz auch angenommen, jedoch wurde ihm rechtsfehlerhaft ein zu geringes Gewicht zugemessen. Die Annahme eine fehlenden Schadens von dem Berufungsgericht beruhe laut BGH daher auf einer fehlerhaften Gesamtwürdigung und hielt damit der revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht stand. 

 

"Kartellrecht: Urteil des BGH zu der Schadensersatzklage von Schlecker"

von Laura Bindrich, wissenschaftliche Mitarbeiterin