Der Gerichtshof der Europäischen Union (EUGH) entschied mit Urteil vom 29.11.2017 - C‑265/16, dass die Zurverfügungstellung von Kopien von Fernsehprogrammen in der Cloud an Dritte vom Rechteinhaber erlaubt sein muss, weil dies eine urheberrechtlich relevante Weiterverbreitung sei.
Auch das sog. Recht auf Privatkopien ändert an diesem Ergebnis nichts.
Die Klägerin VCAST hatte sich etwas Anderes erhofft:
Sie ist eine Gesellschaft englischen Rechts und stellt(e) im Internet ein System zur Bildaufzeichnung in der Cloud für terrestrisch ausgestrahlte Sendungen ihren Kunden zur Verfügung, darunter auch Sendungen der Beklagten RTI, einer italienischen Fernsehstation.
Weshalb war nun die VCAST die Klägerin, wenn die RTI die Rechteinhaberin war und die VCAST ungefragt die Sendung von der RTI ihren Kunden zur Verfügung stellte? Die VCAST begehrte gerichtlich die Feststellung, dass ihre Tätigkeit rechtmäßig ist. Das ging allerdings sehr schnell aus der Sicht der VCAST schon in die falsche Richtung, denn bereits während dieses Klageverfahrens auf Feststellung der Rechtmäßigkeit erwirkte die beklagte RTI ihrerseits eine einstweilige Verfügung gegen die VCAST auf Unterlassung der Tätigkeit und Dienstleistung. Und nun kam wegen dieses Streits auch noch die Entscheidung des EUGH, womit nun klar ist, dass die Dienstleistung der VCAST in der ursprünglichen Form rechtswidrig ist:
„46 Im vorliegenden Fall zeichnet der Erbringer der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen die ausgestrahlten Sendungen auf und stellt sie seinen Kunden über das Internet zur Verfügung.
47 Erstens liegt es auf der Hand, dass die Gesamtheit der Personen, an die sich dieser Dienstleister richtet, eine „Öffentlichkeit“ im Sinne der in Rn. 45 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Rechtsprechung bildet.
48 Zweitens werden die ursprüngliche Übertragung durch den Fernsehsender einerseits und die Übertragung durch den Erbringer der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistung andererseits unter spezifischen technischen Bedingungen nach einem unterschiedlichen Verfahren zur Verbreitung der Werke durchgeführt, wobei jede von ihnen für die jeweilige Öffentlichkeit bestimmt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2013, ITV Broadcasting u. a., C‑607/11, EU:C:2013:147, Rn. 39).
49 Die genannten Übertragungen stellen somit unterschiedliche öffentliche Wiedergaben dar. Für jede von ihnen muss daher eine Erlaubnis der betreffenden Rechtsinhaber erteilt werden.
50 Unter diesen Umständen braucht nicht noch geprüft zu werden, ob sich diese Wiedergaben an ein und dieselbe Öffentlichkeit richten oder ob es sich bei der Öffentlichkeit, an die sich der Erbringer der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen richtet, gegebenenfalls um ein neues Publikum handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2013, ITV Broadcasting u. a., C‑607/11, EU:C:2013:147, Rn. 39).
51 Daraus folgt, dass die Anfertigung von Kopien von Werken mittels eines Dienstes wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden in Ermangelung einer Erlaubnis des Rechtsinhabers dessen Rechte beeinträchtigen kann.
52 Somit kann ein solcher Fernaufzeichnungsdienst nicht unter Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 fallen.
53 Unter diesen Umständen ist die Beachtung der in Art. 5 Abs. 5 dieser Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen nicht mehr zu prüfen.
54 Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass die Richtlinie (…) einer nationalen Regelung entgegensteht, die es einem gewerblichen Unternehmen gestattet, für Private mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems eine Dienstleistung der Fernbildaufzeichnung von Privatkopien urheberrechtlich geschützter Werke in der „Cloud“ durch aktiven Eingriff seinerseits in die Aufzeichnung ohne Zustimmung des Rechtsinhabers zu erbringen.“
Diese Entscheidung war aus rechtlicher Sicht nicht zwingend, doch ist das Ergebnis aus unserer Sicht einleuchtend.
"EUGH: Kein Durchgreifen des Rechts auf Privatkopie bei Kopien von Fernsehsendungen in der Cloud für andere"
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Jean Paul P. Bohne