EuGH: Werbung mit Preisnachlässen

Preisnachlässe in Werbeprospekten können Verbraucher in die Irre führen, wenn die Bestimmung der Ermäßigungshöhe nicht auf Grundlage des „vorherigen Preises“ im Sinne von Art. 6a Abs. 2 der Richtlinie 98/6/EG erfolgt ist.

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat auf ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV vom Landgericht (LG) Düsseldorf geurteilt, dass Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG dahin auszulegen ist, dass er verlangt, dass eine Preisermäßigung für ein Erzeugnis, die von einem Händler in Form eines Prozentsatzes oder einer Werbeaussage, mit der die Vorteilhaftigkeit des angegebenen Preises hervorgehoben werden soll, bekannt gegeben wird, auf der Grundlage des „vorherigen Preises“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels zu bestimmen ist (Urteil vom 26. September 2024, Az. C-330/23).

 

In dem zugrundeliegenden Verfahren der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. gegen Aldi Süd Dienstleistungs SE & Co. OHG streiten die Beteiligten über Preisermäßigungsangaben in der Werbung von Aldi für den Verkauf von Lebensmitteln.

 

Konkret geht es um den Prospekt für die Woche vom 17.-22. Oktober 2022, in dem unter anderem Bananen und Ananasse mit Preisnachlässen beworben wurden. In dem Prospekt wurde zum einen der reduzierte Preis, der letzte Verkaufspreis und zudem der niedrigste Preis der letzten 30 Tage angegeben. Bei den Bananen wurde die Preisermäßigung zudem mit -23 % beziffert und die Ananasse als „Preishighlight“ beworben.

 

Der reduzierte Preis pro Kilo der Bananen betrug demnach 1,29 €, der letzte Verkaufspreis 1,69 € und der niedrigste Preis der letzten 30 Tage 1,29 €.

Entsprechend wurden die Preise für die Ananas mit 1,49 €, 1,69 € und 1,39 € angegeben.

 

Aus der Preisgestaltung in der vorangegangenen Zeit zeigte sich, dass der Preis für ein Kilo Bananen seit Mitte September 2022 durchgehend 1,69 € betrug. Nur in der Woche vom 19.-24. September betrug er 1,29 € pro Kilo. Für die Ananas galten in den fünf Wochen vor dem streitgegenständlichen Werbeprospekt Stückpreise zwischen 1,39 € und 1,79 € und unmittelbar vor dem neuen Angebot 1,69 €.

 

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. hielt diese Werbung wegen unlauterer Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen für unzulässig und hat daher vor dem Landgericht Düsseldorf Klage gegen die Aldi Süd Dienstleistungs SE & Co. OHG erhoben und beantragt,

 

Aldi zu verurteilen, es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern für den Verkauf von Lebensmitteln mit Preisreduzierungen in Form eines Prozentsatzes zu werben und/oder werben zu lassen, wenn diese Reduzierung nicht auf der Grundlage des niedrigsten Preises ermittelt wird, der in den Märkten der Aldi-Unternehmensgruppe in den letzten 30 Tagen vor der Anwendung dieser Ermäßigung verlangt wurde und

Aldi zu verurteilen, es zu unterlassen, für den Verkauf von Lebensmitteln mit einer Preisreduzierung als „Preis-Highlight“ unter Angabe eines Preises zu werben und/oder werben zu lassen, der höher ist als der Preis, der in den Märkten der Aldi-Unternehmensgruppe in den vorangegangenen 30 Tagen verlangt wurde.

 

Das Landgericht Düsseldorf – welches die Auffassung der Verbraucherzentrale, dass Grundlage zur Bestimmung einer prozentualen Preisermäßigung oder Einordnung als „Preis-Highlight“, der „vorherige Preis“ im Sinne von Art. 6a Abs. 2 der Richtlinie sein müsse, nicht teilte – setzte das Verfahren mit Beschluss vom 19.05.2023 aus und legte dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung die Fragen zur Auslegung von Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG vor.

 

Unter Anwendung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs betrug der „vorherige Preis“ für das Kilo Bananen im Sinne von Art. 6a Abs. 1, 2 der vorgenannten Richtlinie somit 1,29 €, denn er betrug innerhalb der letzten (mindestens) 30 Tage, nämlich vom 19.-24. September, als günstigsten Preis schon einmal 1,29 €. Für die Ananas beläuft sich der „vorherige Preis“ demnach auf 1,39 €. In beiden Fällen lag, wenn man diese vorherigen Preise zugrunde liegt, schon überhaupt keine Rabattaktion mehr vor, wobei der Ananas-Stückpreis den zugrunde zu legenden vorherigen Preis sogar überstieg.

 

Der EuGH hat seine Entscheidung vor allem auf die nachfolgenden Erwägungen gestützt:

  • Zunächst lasse sich anhand des Wortlauts von Art. 6a Abs. 1 der Richtlinie nicht bestimmen, ob die Preisermäßigung auf Grundlage des „vorherigen Preises“ im Sinne von Absatz 2 des Artikels zu bestimmen sei. Der Begriff „Ermäßigung“ verweise jedoch auf eine Verringerung eines zuvor angewandten Preises.
  • Sinn und Zweck von Art. 1 in Verbindung mit Erwägungsgrund Nr. 6 der Richtlinie 98/6/EG sei die Verbesserung der Verbraucherinformation und Erleichterung des Vergleichs von Verkaufspreisen von Erzeugnissen, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden.
  • Erwägungsgrund Nr. 1 hebe darüber hinaus die Bedeutung eines transparenten Markts und korrekter Informationen für den Verbraucherschutz hervor.
  • Erwägungsgrund Nr. 12 stelle ferner klar, dass einheitliche und transparente Informationen zugunsten sämtlicher Verbraucher im Rahmen des Binnenmarkts sicherzustellen seien.
  • Der Verkaufspreis müsse gemäß Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit Erwägungsgrund Nr. 2 unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein.
  • Der erste Erwägungsgrund der Richtlinie 2019/2161, mit der Art. 6a in die Richtlinie 98/6/EG eingefügt wurde, verweise auf Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, wonach ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherzustellen sei. Das gleiche Ziel nenne auch Erwägungsgrund Nr. 2 der Richtlinie 98/6/EG.
  • Eine Auslegung des Art. 6a Abs. 1 der Richtlinie 98/6/EG, wonach der „vorherige Preis“ im Sinne von Abs. 2 zwar genannt wird, die Ermäßigung aber auf Grundlage eines anderen Preises – hier dem Preis unmittelbar vor Beginn der Rabattaktion – bestimmt wird, würde diesen Zwecken zuwiderlaufen und ermöglichen, Verbraucher in die Irre zu führen.  

"EuGH: Werbung mit Preisnachlässen"

von Dominik Skornia, wissenschaftlicher Mitarbeiter