Eine Berliner Eventagentur darf keine Tischreservierungen der Oktoberfest-Festzelte „Augustiner“, Bräurosl“ und Hofbräu“ auf ihrer Internetseite für das Oktoberfest 2022 anbieten und veräußern. Das entschied am 04.04.2022 die unter anderem auf Wettbewerbssachen spezialisierte 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I auf drei zuvor erlassene Einstweilige Verfügungen (Urt. v. 4.4.2022, Az. 4 HK O 1503/22, 4 HK O 1965/22 und 4 HK O 55/22). Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Drei Gastronomiebetriebe klagten gegen das Angebot der Eventagentur, weil noch gar nicht klar gewesen sei, ob das diesjährige Oktoberfest stattfindet. Während der Münchner Wirtschaftsreferent und Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) sich für die Veranstaltung aussprach, zeigte sich der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) skeptisch vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine. Zwei Mal war das Fest nun wegen der Pandemie ausgefallen.
Die Eventagentur verwies in ihrer Argumentation auf einen grauen Kasten auf ihrer Webseite, in dem darauf hingewiesen wird, dass es sich lediglich um einen „verbindlichen Optionserwerb“ handele. Dies stelle keine irreführende Geschäftspraxis gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchen dar und kläre sie deutlich darüber auf, dass sich nicht um finale Oktoberfesttickets handele.
Weil die Agentur ihren Kundinnen und Kunden aktuell keinen rechtswirksamen Anspruch auf eine Tischreservierung verschaffen kann, entschied die Kammer, dass das Angebot einen Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) darstelle, weil es irreführend sei (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Die reine Option müsse deutlich und unmissverständlich gekennzeichnet sein. Die Reservierungen dürfen von der Agentur nur dann als solche verkauft werden, wenn sie den Käuferinnen und Käufern die erforderlichen Einlassunterlagen auch tatsächlich zur Verfügung stellen könne.
Die Praxis ist den Wirten schon lange ein Dorn im Auge. So waren die Wiesnwirte schon letztes Jahr vor demselben Gericht gegen eine Eventagentur siegreich (Urt. v. 08.10.2021, Az. 3 HK O 5593/20). Diese hatte Reservierungen für die dann abgesagte Wiesn 2020 im Festzelt Ochsenbraterei zu Preisen zwischen 1.990 und 3.299 Euro angeboten. Bei der Wirtin selbst fallen lediglich 400 Euro Mindestverzehr für einen Tisch mit etwa zehn Personen an.
Eine gegen diese Praxis gerichtete Unterlassungsklage hatte Erfolg. Daneben muss die Agentur Auskunft über ihre Quellen und den Umfang der Verkäufe geben und ist grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet. Auch hier entschied das Gericht, dass das Angebot irreführend sei und gegen das UWG verstoße. Die Ochsenbraterei verbietet nämlich den Weiterverkauf von Tischreservierungen. Das Verbot sei auch wirksam, weil die Reservierungen personalisiert und nicht übertragbar sind. Darüber hinaus verfolge es einen „anerkennenswerten Zweck“. Es soll nämlich ein sozialverträgliches Preisgefüge sichergestellt und „damit auch weniger wohlhabenden Bürgern einen möglichst gleichberechtigten Zugang zum Oktoberfest ermöglichen“.
„Kein Zweitverkauf von Reservierungen auf der Wiesn 2022“