Urteil gegen Influencerin
Die baden-württembergische Landesmedienanstalt hat in erster Instanz ein klarstellendes Urteil gegen eine reichweitenstarke Influencerin mit etwa 400.000 Followern erwirken können. Gegenstand des Verfahrens waren diverse Verstöße gegen die Kennzeichnungspflichten für Werbung, die im Medienstaatsvertrag verankert sind. Die Influencerin warb auf Instagram Kanal für unterschiedliche Marken, ohne die angemessen zu kennzeichnen. Für diese Verstöße ist nun ein Bußgeld von 9.500 EUR fällig, wobei gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil Rechtsmittel eingelegt wurde.
Der Medienstaatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland (MStV) trat am 7. November 2020 in Kraft und regelt Rechte und Pflichten der Rundfunk- und Telemedienanbieter in Deutschland. Zu letzterem zählen beispielsweise Streamer, aber auch Influencer. Hintergrund des Erlasses des MStV war die Umsetzung der europäischen Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste und sollte damit der europäischen und technischen Entwicklung der Medien Rechnung tragen.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 MStV muss Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein und es dürfen in der Werbung keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden. Sinn und Zweck der Vorschrift ist der Schutz der Nutzerinnen und Nutzer vor Irreführung. Zudem soll dem Trennungsgebot Rechnung getragen werden, womit Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt eines Angebots eindeutig getrennt sein muss. Damit muss laut Amtsgericht Stuttgart der kommerzielle Zweck eines Instagrambeitrages sofort und zweifelsfrei erkennbar sein. Es reicht nicht aus, dass ein Nutzer aus den Umständen eines solchen Beitrags auf eine kommerzielle Zweckverfolgung schließen kann.
Es handelt sich hierbei um die bundesweit erste Verurteilung wegen Verstößen gegen die Pflicht zur Werbekennzeichnung nach dem Medienstaatsvertrag. Das Amtsgericht Stuttgart stellte im Rahmen der Urteilsbegründung klar, dass die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu wettbewerbsrechtlichen Vorschriften und Influencer-Marketing auch in medienrechtlichen Aufsichtsverfahren argumentativ herangezogen werden kann. Der BGH hat sich in den letzten Jahren mehrfach zum Influencer-Marketing geäußert und dabei folgende Urteile mit grundsätzlicher Bedeutung für die Frage erlassen, ob und wie Beiträge auf Instagram als Werbung gekennzeichnet werden müssen: BGH, Urteile vom 9. September 2021 – I ZR 90/20, I ZR 125/20, I ZR 126/20. Im Zuge dieser Grundsatzurteile reagierte auch das Bundesjustizministerium und integrierte in die letzte Novelle des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Regelungen, die die Rechtslage zum Influencer-Marketing klären soll.
von Otto Weidenkeller, wissenschaftlicher Mitarbeiter
Relevanz für Influencer und Unternehmen
Das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart setzt einen wichtigen Maßstab für die Einhaltung von Werbekennzeichnungspflichten in sozialen Medien. Es verdeutlicht, dass Influencer und Unternehmen, die mit ihnen zusammenarbeiten, strenge Vorgaben des Medienstaatsvertrags beachten müssen, um Bußgelder und rechtliche Konflikte zu vermeiden. Die Entscheidung stärkt die Transparenz im Influencer-Marketing und unterstreicht die Verantwortung, kommerzielle Inhalte klar zu deklarieren, um Nutzer vor Täuschung zu schützen.
Auswirkungen auf die Influencer-Branche
Die Verurteilung hat weitreichende Konsequenzen für die Influencer-Branche. Influencer mit großer Reichweite müssen ihre Inhalte künftig noch sorgfältiger prüfen, um sicherzustellen, dass Werbung eindeutig als solche erkennbar ist. Dies betrifft insbesondere Plattformen wie Instagram, wo die Grenzen zwischen persönlichen und kommerziellen Beiträgen oft verschwimmen. Die Entscheidung signalisiert, dass Landesmedienanstalten verstärkt gegen Verstöße vorgehen, was die Notwendigkeit klarer Kennzeichnungsstrategien erhöht.
Praktische Schritte für Influencer
Um Verstöße gegen die Kennzeichnungspflichten zu vermeiden, sollten Influencer folgende Maßnahmen umsetzen:
- Klare Kennzeichnung: Verwendung eindeutiger Hinweise wie „Werbung“, „Anzeige“ oder „#ad“ am Anfang jedes kommerziellen Beitrags, um den Anforderungen des Medienstaatsvertrags zu entsprechen.
- Schulungen: Teilnahme an Schulungen zu rechtlichen Vorgaben im Influencer-Marketing, um das Bewusstsein für gesetzliche Anforderungen zu schärfen.
- Kooperationsverträge: Abschluss rechtssicherer Verträge mit Marken, die klare Vorgaben zur Kennzeichnung enthalten.
Empfehlungen für Unternehmen
Unternehmen, die mit Influencern zusammenarbeiten, sollten ebenfalls Maßnahmen ergreifen, um rechtliche Risiken zu minimieren:
- Richtlinien entwickeln: Erstellung interner Guidelines für Kooperationen, die die Einhaltung des Medienstaatsvertrags und des UWG sicherstellen.
- Überwachung: Regelmäßige Prüfung der Beiträge von Kooperationspartnern, um sicherzustellen, dass Werbung korrekt gekennzeichnet ist.
- Zusammenarbeit mit Experten: Einbindung spezialisierter Rechtsanwälte, um Verträge und Marketingkampagnen rechtssicher zu gestalten.
Zukunft des Influencer-Marketings
Das Urteil zeigt, dass die Regulierung des Influencer-Marketings in Deutschland an Bedeutung gewinnt. Mit der zunehmenden Professionalisierung der Branche steigen die Anforderungen an Transparenz und Rechtssicherheit. Influencer und Unternehmen müssen sich an eine strengere Aufsicht durch Landesmedienanstalten und Verbraucherschutzorganisationen anpassen. Gleichzeitig bietet die klare Rechtslage die Chance, durch transparente Kommunikation das Vertrauen der Zielgruppe zu stärken und langfristig erfolgreiche Kooperationen aufzubauen.
Fazit
Das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart markiert einen Wendepunkt für die Einhaltung von Werbekennzeichnungspflichten im Influencer-Marketing. Es verdeutlicht die Notwendigkeit, kommerzielle Inhalte klar und sofort erkennbar zu kennzeichnen, um den Anforderungen des Medienstaatsvertrags zu entsprechen. Unsere Kanzlei, ITMR Rechtsanwälte, unterstützt Influencer und Unternehmen bei der rechtssicheren Gestaltung von Marketingkampagnen, der Prüfung von Kooperationsverträgen und der Abwehr von Bußgeldern. Kontaktieren Sie uns, um Ihre Influencer-Strategie an die aktuelle Rechtslage anzupassen und Abmahnungen zu vermeiden.