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Recht an der eigenen Stimme: Unerlaubter KI-Stimmenklon führt zur ersten Verurteilung

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Odysseas Anastasiadis

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07. September 2025

KI-Recht. Darf man die markante Stimme eines bekannten Sprechers per KI nachbilden und für eigene Videos nutzen? Das Landgericht Berlin II sagt: nein – jedenfalls nicht ohne Einwilligung und nicht zu Werbezwecken. Das Gericht gab Manfred Lehmann, welcher bereits Schauspielern wie Bruce Willis seine Stimme geliehen hatte, Recht und nahm eine Verletzung des Rechts an der eigenen Stimme sowie einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach §§ 812 I 1 Var. 1, 818 II BGB an (Urteil vom 20.08.2025 - 2 O 202/24).

Zum Sachverhalt

Der prominente deutsche Synchron-, Hörbuch- und Schauspielsprecher Manfred Lehmann ging gegen den Betreiber eines YouTube-Kanals (rund 190.000 Abonnenten) vor. Der Beklagte hatte zwei Videos veröffentlicht, die mit einer KI erzeugten Stimme hinterlegt waren, die der bekannten Synchronstimme des Klägers sehr ähnlich klang. Hinweise im Video oder in der Beschreibung, die eine Verwechslungsgefahr ausschließen sollen, gab es nicht. Der Kanal war monetarisiert; in der Kanalbeschreibung und unter den Videos fanden sich Verlinkungen auf einen Online-Shop, was den wirtschaftlichen Nutzen deutlich machte. Nach erfolgloser Abmahnung verlangte der Kläger u.A. eine fiktive Lizenzgebühr.

Entscheidung und Begründung

Das LG bejaht einen Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 2, § 818 II BGB auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr: Die KI-Nachbildung greife in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts an der eigenen Stimme ein. Dass nicht „die echte“ Stimme des Klägers benutzt wurde, sei unerheblich – maßgeblich sei die Wiedererkennbarkeit und die dadurch ausgelöste Zuordnungsverwirrung beim Publikum.

Das Gericht stellt klar, dass die Stimme als identitätsprägendes Merkmal vom Allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt ist. Ein Eingriff liegt nicht erst dann vor, wenn Originalaufnahmen verwendet werden; ausreichend ist, dass die Nachbildung in der Gesamtwirkung wiedererkennbar ist und beim Publikum den Eindruck erweckt, die Äußerung stamme vom Betroffenen oder werde ihm zumindest zugeschrieben. Auf eine Täuschungsabsicht kommt es dabei nicht an. Maßgeblich sind die objektiven Wirkungen der Imitation im konkreten Kontext.

Die vom Beklagten reklamierten Kunst-/ Meinungsfreiheiten (Art. 5 GG) überwögen nicht, da es primär um Aufmerksamkeit und Klickzahlen sowie den Online-Shop gehe, also um eine kommerzielle Nutzung.

Zur Höhe: Das Gericht setzt 2.000,00 € pro Video an. Grundlage waren u.a. Angaben eines Zeugen zu marktüblichen Honoraren, die Reichweite des Kanals sowie der kommerzielle Kontext.

Praktische Auswirkungen

Für Marken und Personen im Content-Creation-Bereich bedeutet das Urteil, dass Stimmen bekannter Personen nicht einfach benutzt werden dürfen, auch wenn diese KI-generiert sind und der bekannten Stimme lediglich ähneln. Diesbezüglich sollte stets eine Zustimmung eingeholt werden. Insbesondere reicht ein bloßer Hinweis, dass es sich um eine KI-Stimme handelt, nicht aus.

Es empfiehlt sich, eine Risikoanalyse vorzunehmen. Es sollte beispielsweise berücksichtigt werden, ob die Stimme erkennbar ist, ob es einen kommerziellen Bezug gibt, ob eine wirksame Einwilligung oder Lizenz vorliegt und ob die Nutzung von künstlicher Intelligenz klar und nicht irreführend gekennzeichnet ist.

Fazit

Das Urteil zieht eine klare Linie: Die Nachbildung einer prominenten Stimme durch KI verletzt das Recht an der eigenen Stimme, insbesondere wenn Wiedererkennbarkeit gegeben ist und eine kommerzielle Nutzung erfolgt. Folgen können Unterlassung und Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr sowie Ersatz vorgerichtlicher Kosten sein. Wer mit KI-Stimmen arbeitet, braucht vorherige Einwilligung und sollte die Verwendung transparent gestalten.

Wir stehen bei alle Fragen zum KI-Recht und Persönlichkeitsrechten erfahren zur Seite.


"Recht an der eigenen Stimme: Unerlaubter KI-Stimmenklon führt zur ersten Verurteilung"

von Odysseas Anastasiadis, wissenschaftlicher Mitarbeiter

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